Im Prozess um den Brand in der Gaststätte ‚Meilenstein’ am 21.03.2010, verteidigte Alexander Pabst den Angeklagten Danny Th., der das Feuer legte. Sowohl Danny Th. als auch der geistige Urheber der Tat, Frank W., erhalten hohe Haftstrafen wegen erwiesener gemeinschaftlicher Brandstiftung.
Mark-Online
Brandstiftung war „ein Freundschaftsdienst“
Eisenhüttenstadt (moz) Am Dienstag wurde im Amtsgericht der Prozess gegen die mutmaßlichen Brandstifter der Gaststätte „Meilenstein“ fortgesetzt.
Restlos besetzt ist der Zuschauerbereich im Saal 6 des Amtsgerichtes am zweiten Prozesstag. Wer nicht wenigstens eine halbe Stunde vor Verhandlungsbeginn vor Ort ist, hat kaum eine Chance, einen Platz zu finden. Zehn Leute warten draußen vor der Tür, als Dr. Peter Wolff, Vorsitzender Richter, die Verhandlung um 9 Uhr eröffnet.
Der Angeklagte Danny Th., der das Feuer gelegt haben soll, kommt erst unmittelbar vorher in den Verhandlungssaal. Ein paar Nachfragen gebe es noch, sagt Peter Wolff, der mit den beiden Schöffen vor allem die Frage klären muss, welchen Anteil der mitangeklagte Frank W., der die Tat angestiftet und gesteuert haben soll, an der Brandstiftung hat.
Danny Th., der in Hamburg in einem großen Fachmarkt für Unterhaltungselektronik angestellt ist, erzählt von einem Treffen mit Frank W. zur Kneipentour am 2. Oktober 2009 im „Meilenstein“. Damals habe es die ersten Absprachen gegeben, Ronald M. – zu dieser Zeit noch gemeinsam mit Frank W. Betreiber der Gaststätte – eins auszuwischen. „Wir wollten Herrn M. schaden“, sagt Danny Th. Woran sie gedacht hätten? „An die Inneneinrichtung. So, dass man die nicht mehr benutzen kann.“ An diesem Tag sei schon klar gewesen, dass Ronald M. das „Meilenstein“ künftig allein führen würde, stellt der Richter fest. Die Einrichtung sei auch noch versichert gewesen.
Konkrete Absprachen, ein Feuer zu legen, gibt es laut Danny Th. erst zum Weihnachtsfest 2009, als er erneut nach Eisenhüttenstadt kommt. Daran, wer die Idee gehabt habe, erinnert er sich nicht. „Weiß ich nicht“, sagt er. Auch später, als es darum geht, die genaue Planung nachzuvollziehen, antwortet er auf die Fragen mit „das war unsere weitläufige Meinung“ oder „das war allgemeiner Tenor zwischen W. und mir“. Und: „Es wurde gesagt, dass wir es anzünden mit Benzin oder Spiritus.“ Das Feuer zu legen, sei „eher ein Freundschaftsdienst“ für Frank W. gewesen.
Dass die Freundschaft der beiden Männer, die sich schon seit der Schulzeit kennen, offenbar sehr einseitig war, wird bei weiteren Zeugenaussagen deutlich. Als Danny Th. nach dem Brand schwerstverletzt im Krankenhaus liegt, bekommt er kein einziges Mal Besuch oder Anrufe von Frank W. – auch nicht, nachdem er aus seinem vierwöchigen künstlichen Koma erwacht ist. Im „Meilenstein“, wo Danny Th. mehrere Jahre arbeitet, war er der „Handlanger“ für Frank W., erzählt Ina D., gute Freundin und zeitweilig Partnerin von Danny. „Er war der Einkäufer, war Kellner, war Koch, war der Privatchauffeur von W. und hat bei den Umbauten angepackt“, zählt sie auf.
Ina D. ist es auch, die den Beleg für den Kauf der Benzinkanister in Danny Th.s Hamburger Wohnung, für die sie einen Schlüssel hat, findet. Als sie von dem Großbrand erfährt und von dem Opfer, macht sie sich Sorgen, da sie Danny nicht erreichen kann. Zwei Tage nach dem Feuer geht sie mit einer Freundin in die Wohnung, wo Dannys Handy liegt. Sie sucht sich die Nummer von Frank W. raus, „er war der beste Freund von Danny“. Dieser weiß bei einem kurzen Telefonat angeblich nichts. Im Wohnzimmer liegt die Quittung eines Baumarktes: Benzinkanister, Brechstange, Flüssiganzünder, weiße Handschuhe. Da die Frauen die Gegenstände nicht in der Wohnung finden, bringen sie den Beleg zur Polizei.
Völlig ahnungslos gibt sich Natalja S., seit Silvester 2009/2010 Lebensgefährtin des Frank W. Seit drei Jahren kennt sie den Angeklagten jetzt schon, sagt sie. „Wir haben aber nie über das ,Meilenstein‘ gesprochen.“ Davon, dass W. dort bis Ende 2009 Mitbetreiber war, wisse sie nur aus Erzählungen Dritter. Auch hätten ihr Lebenspartner und Ronald M. „ein sehr gutes Verhältnis“ gehabt – bis dahin hatten die anderen Zeugen und auch Danny Th. übereinstimmend von erheblichen Differenzen zwischen beiden berichtet.
Ob sie nie mit Frank W. über den Großbrand gesprochen habe, auch dann nicht, als klar war, dass er Beschuldigter ist, will Danny Th.s Rechtsanwalt Alexander Pabst wissen. „Wir gehen arbeiten, haben viel zu tun, man kann doch nicht jeden Tag darüber sprechen“, erklärt sie. „Haben Sie nie darüber gesprochen, dass Sie als Zeugin aussagen?“, hakt der Vorsitzende Richter nach. Das „Nein“ wird im Publikum mit Gelächter quittiert. „Viele Zeugen fragen: Mensch, was soll ich denn sagen“, bleibt Peter Wolff hartnäckig. „Herr W. sagte: Ich soll nur die Wahrheit sagen“, erklärt Natalja S. und erntet erneut Kopfschütteln und Gelächter.
Frank W. folgt den Ausführungen viereinhalb Stunden lang regungslos, fast unbeteiligt, macht sich hin uns wieder ein paar Notizen. Auf Antrag seiner Anwältin Ines Menzel soll morgen eine Ärztin des Unfallklinikums Berlin dazu aussagen, ob Danny Th. während der ersten Vernehmung, bei der er Frank W. belastete, so stark von Medikamenten beeinflusst war, dass er möglicherweise verhandlungsunfähig war.
Quelle: www.die-mark-online.de/artikel-ansicht/dg/0/1/279244/
Die Märkische Oderzeitung
Straftäter aus Nibelungentreue
Eisenhüttenstadt (moz) Im Prozess um den Brand in der Gaststätte „Meilenstein“, in dessen Folge das Lager eines Möbelhauses abbrannte, wurden am Donnerstag hohe Haftstrafen verhängt. Danny Th., der das Feuer legte, wurde zu zwei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Sein Freund Frank W. soll als geistiger Urheber drei Jahre und neun Monate hinter Gitter.
Die Blicke der beiden Verteidiger sind eindeutig: Dieses Urteil werden sie nicht akzeptieren. Hohe Haftstrafen hat der Vorsitzende Richter, Dr. Peter Wolff, gerade verkündet. Verhängt wegen erwiesener gemeinschaftlicher Brandstiftung. Das Schöffengericht beim Amtsgericht Eisenhüttenstadt (Oder-Spree) geht mit der Festlegung der Strafe zum Teil sogar weiter als zuvor von Oberstaatsanwalt Ulrich Scherding gefordert: In seinem Plädoyer beantragt dieser, den eigentlichen Haupttäter Danny Th., der am 21. März 2010 das Feuer in der Gaststätte „Meilenstein“ gelegt hatte, zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren, die für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wird, zu verurteilen. „Herr Th. ist genug gestraft“, sagt er. Mit den erlittenen schweren Verletzungen – 45 Prozent seiner Haut sind verbrannt – sei er „der Verlierer der ganzen Angelegenheit“.
Die Zuhörer im erneut voll besetzten Saal 6 des Amtsgerichtes stimmen ihm kopfnickend zu. Für sie ist Danny Th. das eigentliche Opfer des verheerenden Großbrandes, der letztlich einen Sachschaden von fast vier Millionen Euro verursachte. Mit dunklen traurigen Augen, die aus einem völlig verbrannten und vernarbten Gesicht herausschauen, folgt der 34-Jährige dem Geschehen. Während der Beweisaufnahme an den vorangegangenen drei Verhandlungstagen musste er sich immer wieder die Tränen wischen. Auch jetzt, da der Vorsitzende Richter das Urteil verkündet hat, weint er still in seine Hände, die – ebenfalls völlig verbrannt – in medizinischen Handschuhen stecken.
Dass er nicht mal ansatzweise ein eigenes Motiv hatte, die Gaststätte in Brand zu stecken, betont zuvor sein Verteidiger Alexander Pabst. „Hier lag Nibelungentreue vor, die in einer Tragödie endete“, sagt der Rechtsanwalt. Ein wirkliches Motiv habe nur einer gehabt – der Mitangeklagte Frank W., seit 14 Jahren mit Danny Th. befreundet und nach Überzeugung des Gerichtes geistiger Urheber der Brandstiftung. „Neid und Missgunst“ dem letzten Betreiber der Gaststätte gegenüber, Ronald M., hätten W. getrieben. Und der Frust darüber, als Geschäftsmann kläglich gescheitert zu sein. „Sie haben auch als Freund auf ganzer Linie versagt“, wendet sich der Anwalt an Frank W., „haben überhaupt kein Rückgrat bewiesen, haben sich feige hinter ihrem Freund versteckt, haben ihn hier im Gerichtssaal nicht mal angesehen – das ist einfach nur erbärmlich.“
Der so Gescholtene, der während der Beweisaufnahme konsequent geschwiegen und keine emotionale Regung gezeigt hatte, ist nach der Urteilsverkündung sichtlich schockiert. Er kämpft mit den Tränen, zittert am ganzen Körper, muss immer wieder heftig schlucken. Einen Freispruch fordert seine Verteidigerin zuvor in ihrem Plädoyer. „Es gab für Herrn W. überhaupt keinen Anlass dafür, eine Tat zu gestehen, die er gar nicht begangen hat“, erklärt Rechtsanwältin Ines Menzel.
Zwar habe Danny Th. mit seinen Aussagen ihren Mandanten belastet, doch objektive Beweise für eine Schuld gebe es nicht. Rache als Motiv bestreitet sie. Dann hätte das Feuer in der viel größeren „Inselgaststätte“, die ebenfalls Ronald M. gehört, gelegt werden können – „mit einem viel größeren Schaden für den Inhaber“.
Stattdessen habe Danny Th. selbst ein Tatmotiv gehabt. „Er war verärgert, weil er 2005 zusammen mit Frank W. die Gaststätte übernehmen wollte“, aber nicht zum Zuge gekommen sei, argumentiert die Anwältin. „Es gab also gute Gründe für seinen Zorn gegenüber Ronald M.“
Das Schöffengericht folgt dieser Argumentation nicht. Es sieht es als erwiesen an, dass Danny Th. und Frank W. die Brandstiftung abgesprochen und lange geplant haben. „Herr W. konnte es nicht ertragen, dass Ronald M. die Gaststätte mit neuem Betriebskonzept wieder in die Gewinnzone bringen würde“, sagt der Vorsitzende Richter. Frank W. sei „der Spiritus Rector, der Hauptverantwortliche des Brandanschlages“.
Beide Verteidiger kündigen an, Rechtsmittel einlegen zu wollen. „Dieses Urteil wird definitiv nicht rechtskräftig“, so Ines Menzel.